Die von Marc DePulse ins Leben gerufene Reihe HOW I MET THE BASS feiert im Jahr 2021 nicht nur ihr sechsjähriges Bestehen, sondern auch den inzwischen 200. Podcast. Diesen lieferte die Wienerin und Exploited-Künstlerin Joyce Muniz ab. Ein Gespräch über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.
Lass uns über deinen Mix und deine Roots sprechen. Wie hast du einst den Weg zu elektronischer Musik gefunden und was bedeuten dir die Tracks aus deinem Mix heute noch?
Mein Interesse für elektronische Musik wurde tatsächlich durch MTV geweckt. Damals Mitte der 1990er Jahre war MTV ja richtig cool und hat großartige Musik von Künstlern wie Massive Attack, Björk, Aphex Twin, Roni Size, Rage Against The Machine u. v. m. gespielt.
Musik war also schon früh sehr wichtig für mich und dabei habe ich mich durch verschiedene Genres gehört. Im Alter von 15 Jahren habe ich mich dann für Partys und Raves interessiert, da alle meine Cousins älter waren und immer super Geschichten erzählt haben. Da war ich total sauer, dass ich nicht mit durfte, aber als ich 16 wurde, hat meine Mama mir endlich erlaubt, mitzugehen. Mein erster Rave war eine Drum’n’ Bass/Jungle-Party im damaligen Club Kunstwerk in Wien. Es war eine coole Underground-Location im vierten Stock eines Warehouses. Seit dieser Nacht hat sich mein Leben komplett geändert. Ich fand alles mega, den Sound, die Bässe im Bauch, die Energie von den DJs und den Menschen um mich herum, das flackernde Licht. Ich kannte keine der Nummern, die die DJs spielten und fand sie trotzdem so cool, dass ich ihre Mixtapes gekauft und ständig gehört habe.
Damals gab es noch keine Playlist zu den Tapes, geschweige denn Shazam, also machten mein bester Freund und ich uns auf die Suche nach den coolen Tunes. So begann es mit meiner Plattensammlung. Andy, mein damals bester Freund, hat dann zwei Turntables gekauft und so konnten wir mit unseren Platten auch herumspielen. Ich habe alles, was mir gefallen hat, auf Vinyl gekauft: Drum’n’Bass, Dope Beats, Hip-Hop, House, Electro, Techno sowie auch viele Alben.
Zwei Jahre später habe ich meine erste Residency im Club Flex bekommen. Damals durfte ich das Warm-up machen und das immer montags im Dub Club oder dienstags im Crazy Club. Die Erfahrung war einfach großartig, ich war 17, 18 Jahre alt und durfte für Künstler wie Jamie Lidell, Peaches, Daddy G, DJ Marky, Roots Manuva, Chloe, Matthew Johnson, Kruder & Dorfmeister das Opening machen. Es war eine tolle Zeit und an dieser Stelle möchte ich mich bei DJ Crazy Sonic und DJ Gümix für das Vertrauen und die Möglichkeiten bedanken! Ich denke, dass ohne deren Support einiges anders gelaufen wäre. Und der Mix für HOW I MET THE BASS bringt mich in genau diese Zeit zurück, wie geflasht ich von den Bässen war, was für eine geile Zeit das war. Good memories!
Corona hat uns im März 2020 alle vom Netz genommen. Seitdem ist über ein Jahr vergangen, in dem wir uns alle versuchen über Wasser zu halten. Wie hast du die Zeit erlebt und für dich nutzen können?
Es war am Anfang natürlich schon ein Schock. Ich konnte mich aber sehr schnell auf andere Sachen fokussieren sowie mehr Zeit im Studio verbringen oder neue Projekte zusammen mit Radio FM4 entwickeln. Dort bin ich schon sehr lange Resident und hatte endlich mehr Zeit, auch bei anderen Shows wie FM4 Unlimited mitzumachen.
Durch meine Radioshows wollte ich schon länger eine professionelle Sprecherausbildung machen, doch die Zeit war wegen meinem alten Lifestyle nie da. Jetzt bin ich tatsächlich im zweiten Semester angekommen und es macht irre Spaß! Ich habe auch viel Zeit mit meiner Familie verbracht, wir haben uns in den letzten Jahren sehr auseinander gelebt und es war wichtig und auch eine gute Zeit, um mich auch mit solchen Dingen auseinanderzusetzen. Was das finanzielle betrifft, ist es natürlich auch eine schwierige Sache, aber ich bin durch die Krise darauf gekommen, dass ich viel mehr kann als meine Club-Tracks zu produzieren und an Wochenenden in Clubs zu spielen. Ich habe mich wieder neu erfunden und heute mache ich Musik für Werbung, Filme und verschiedenste Kunstprojekte. Das sind Dinge, die ich früher nie gemacht habe. Ich war immer sehr Musik für die Clubs orientiert doch so haben sich eben neue Türen geöffnet und dafür bin ich sehr dankbar. Trotzdem kann ich es kaum erwarten, wieder auf Tour zu gehen, unter Menschen zu sein, Musik zu spielen, zu reisen und meine Freunde und Familie in Brasilien wieder besuchen zu dürfen.
Du hattest zuletzt mit “Crystalline” eine neue Veröffentlichung auf Exploited. An was arbeitest du gerade und was können wir 2021 noch von dir erwarten?
Ja genau, „Crystalline“ kam Anfang Februar auf Exploited und dieser Track bedeutet mir sehr viel, denn das war der erster Tune, den ich während des ersten Lockdown produziert habe. Ich bin sehr glücklich das „Crystalline“ so viele Freunde gefunden hat. Ich habe wie gesagt viel im Studio gearbeitet, letzte Woche kam mein Remix für die großartigen Bossa-Nova-Star Bebel Gilberto auf Pias raus. Außerdem habe ich auch einen Remix für die talentierte Singer and Songwriterin aus Berlin, Joplyn gemacht. Im August kommt eine Kollaboration von der lieben Produzentin Alinka und mir auf Permanent Vacation raus. Es sollte auch wieder eine EP auf Pets Recordings kommen. Aber mein wichtigstes Projekt für 2021 ist es, mein zweites Album fertig zu produzieren! Ich stecke gerade mitten drin und das fordert viel Zeit und Geduld, denn dieses Album soll meinen musikalischen Werdegang erzählen und es wird eine feine Mischung aus unterschiedlichen Tempi und Styles. Einige coole Features werden auch dabei sein. Ich freue mich schon sehr, wenn das fertig ist.