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Chris Liebing … über den Relaunch seines legendären CLR-Labels

Guess who’s back?! Nach fünf Jahren Pause hat Chris Liebing sein gefeiertes CLR-Imprint reaktiviert, das nun in Create Learn Repeat umgetauft wurde. Der 52-Jährige möchte mit dem Neustart insbesondere neuen und aufstrebenden Talenten eine Plattform bieten, hat jedoch auch bereits namhafte Acts wie Drumcell oder Thomas Hoffknecht eingetütet. Für den Relaunch von CLR nahm er aber zunächst selbst das Zepter in die Hand und veröffentlichte mit “Bruson” direkt mal eine echte Kracher-EP, die ganz im Zeichen von hartem, düsterem und funktionalem Techno steht. Wie Create Learn Repeat den Spagat zwischen Altbewährtem und frischen Akzenten meistern will und was bei Chris Liebing sonst noch so los ist, erfahrt ihr im Interview.

Chris, dein neues Artist-Album auf Mute steht in den Startlöchern. Die ersten Singles sind bereits veröffentlicht und zeigen ein elektronisch-ambivalentes Bild des Künstlers Chris Liebing. Warum reanimierst du gerade jetzt dein legendäres Label CLR und releast eine Drei-Track-Techno-EP in „altem“ Chris-Liebing-Style?

Kurz und knapp: Ich hatte die Zeit und Motivation, einfach mal wieder reinen Techno zu produzieren. Wegen der Pandemie hatte ich mehr Freiräume, um mich um Musik zu kümmern und diese wollte ich effektiv nutzen. Die Idee, CLR wieder zu reanimieren, existiert aber schon länger. Ich hatte das Label 2015 eigentlich nur auf Eis gelegt, um mich gänzlich meinem Artist-Album auf Mute zu widmen. Es war also nur eine Frage der Zeit, bis CLR wieder auferstehen würde. Ein wichtiger Faktor ist auch der riesige Output an neuer Musik, den es jüngst gab. Das hat mich angespornt und mich dazu bewegt, CLR mit der “Bruson”-EP wieder neues Leben einzuhauchen.

“Mind Bender”, “Alchemist” und “Agent” sind allesamt sehr funktionale Techno-Tunes. In welchem Zeitraum sind sie entstanden, wie lange testest Du sie schon und was steckt hinter jedem einzelnen Track?

Gute Frage. Jeder der Tracks ist mehr oder weniger durch Zufall entstanden. “Mind Bender” ist beispielsweise ein Stück, das an einem Tag in meinem neuen Home-Studio in der Schweiz entstanden ist. Ich habe alle meine Geräte miteinander verbunden und getestet, ob meine Midi-Kette und die 909 ordentlich laufen. Gleichzeitig habe ich dann auch recordet und daraus ist “Mind Bender” resultiert. Auch “Alchemist” war ein ganz spontaner Track, den ich für einen Beatport-Studio-Livestream gemacht habe. Die entsprechenden Streams kann man sich auf Youtube unter dem Titel “Beatport Production Session Stream” anschauen. Auch “Agent” ist ein Zufallsprodukt bzw. ein Produkt der Langeweile. Während der Wahlnacht in Amerika habe ich CNN ohne Ton geschaut und währenddessen Beats gebaut. Und plupp, fertig war “Agent”. Hinter allen drei Tracks steht aber ein gemeinsamer Kerngedanke: Ich wollte einfach wieder Techno machen, so wie ich es vor 20 Jahren gemacht hatte.

Was können wir auf CLR erwarten und wird es auch wieder Vinyl geben?

CLR wird nahtlos an seine bewährte Philosophie anknüpfen: Ich halte meine Ohren offen und das was mir gefällt, landet auf dem Label. Frankie Bromley, ein junger Künstler aus England, ist der Erste, der als neuer Artist auf dem Label veröffentlicht, mit einer richtig guten Vier-Track-EP. Mit Gene Richards Jr. und Hertz Collision sind außerdem zwei Producer am Start, die schon relativ bekannt sind. Ich möchte zwar insbesondere Newcomer*innen eine Plattform bieten, aber die beiden haben in den letzten Jahren einfach so unglaublich viel gute Musik veröffentlicht, da konnte ich nicht widerstehen. Auch Drumcell, DEAS und Thomas Hoffknecht habe ich bereits gesignt. Zusammengefasst möchte ich auf CLR funktionalen, guten Techno in einem modernen Gewand veröffentlichen. Man muss nicht immer gleich das Rad neu erfinden.

Vinyl wird es vorerst nicht geben, da man meines Erachtens langsam mal mit der Zeit gehen sollte. Vinyls eignen sich prima als Sammlerstücke, aber jedes Release auf Platte zu veröffentlichen … ganz ehrlich, das ist inzwischen Umweltverschmutzung.

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Es geht langsam wieder los mit internationalen Gigs und dem DJ-Life. Wie waren deine ersten Gigs nach der Pandemie und was kommt in Kürze, worauf Du Dich freust?

Die ersten Gigs waren superspannend. Mein erstes richtiges Tour-Wochenende war in Budapest und in Kiew und es war ein tolles Gefühl, wieder vor Leuten zu stehen und zu spielen. Nicht, dass ich den Reminder gebraucht hätte, aber da habe ich erneut gemerkt, dass es genau das ist, was ich machen will, bis ich irgendwann mal tot umfalle. Ich freue mich außerdem sehr auf meine bevorstehenden Amerika-Touren. Im September, Oktober und November werde ich in New York und an der Westküste spielen. Anmerken möchte ich an dieser Stelle aber noch, dass es zwar langsam wieder losgeht, die Pandemie sich aber nach wie vor zieht und viele Länder immer noch strikte Auflagen haben, die dem Feiern, so wie wir es uns wieder wünschen, weiterhin einen Riegel vorschieben. Ich bin wirklich gespannt, wann wir wieder endgültig zur Normalität zurückkehren können.

Wo liegen deine Prioritäten aktuell? Artist-Album und die Entwicklung des Künstlers Chris Liebing oder CLR und „back to the roots“ mit hartem Techno? Vielleicht ja gar beides?

Wie die Amerikaner so schön sagen: “I can chew gum and walk at the same time”. Ich glaube, das eine schließt das andere nicht aus. Ich sehe Musik als Musik an. Ich habe Lust, die Musik, die ich auf Mute veröffentliche, auch weiterhin zu machen und ich glaube, Ralf Hildenbeutel und ich fangen schon bald mit dem dritten Album an. Ich freue mich gleichzeitig tierisch darauf, CLR weiter voranzutreiben. Ich bekomme so viele Demos geschickt mit enorm viel Enthusiasmus dahinter. Ich habe mich sehr darüber gefreut, wie die News aufgefasst wurden, dass CLR wieder am Start ist. Von allen möglichen Seiten. Das hat mich wirklich tief berührt. Ich als DJ habe außerdem mehr Zeit, mich wieder um meine Musik zu kümmern. Es ist ja nicht so, dass ich vor der Pandemie nur wegen des Tourlebens so wenig Zeit hatte, denn ich habe in den letzten zehn Jahren auch viel Zeit mit meinen Kindern verbracht, jede freie Minute eigentlich. Aber sie sind inzwischen sehr groß und selbstständig geworden, sodass ich fast wieder das Gefühl habe, da zu stehen, wo ich vor 17 oder 18 Jahren stand. Da hatte ich noch keine Kinder und habe mich nur auf das DJing konzentriert. Dadurch dass meine Kinder nun eigentlich schon im Teenager-Alter sind, habe ich wieder wesentlich mehr freie Zeit, um mich meiner Passion zu widmen. Und das macht auch unglaublich viel Spaß. Ich bin da mit einer großen Begeisterung dabei.

Aus dem FAZEmag 115/09.21
Text: Sven Schäfer & Milan Trame
Foto: Edith Bergfors
www.chrisliebing.com

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